Die Geschichte des Harmoniums

Das Harmonium ist ein Tasteninstrument, welches durch seinen charakteristischen Klang und seine vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sowohl in der Musik als auch im religiösen Kontext bekannt geworden ist. Seine Entstehungsgeschichte reicht zurück bis in das 19. Jahrhundert und ist eng mit der Entwicklung von Luftdruck-Instrumenten verbunden.

In den frühen 1820er Jahren erfand der französische Instrumentenbauer Alexandre Debain ein Instrument namens “Harmonium à Bouche”, das auf einem Luftdrucksystem basierte und durch das Spielen von Tasten sowie einem Pedal Töne erzeugte. Es war ein Zwischending, irgendwo zwischen einem Klavier und einem Akkordeon und fand schnell Anhänger, vor allem in der Kirchenmusik.

In den folgenden Jahren wurde das Harmonium weiterentwickelt und verbessert, wobei verschiedene Hersteller wie Mustel, Alexandre und Cavaille-Coll wichtige Beiträge zur Technologie und zum Design des Instruments leisteten. Insbesondere die Firma Alexandre, die in Paris ansässig war, trug zur Verbreitung des Harmoniums bei und wurde zu einem der bekanntesten Hersteller in Europa.

Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Arten von Harmonien entwickelt, darunter das Saugwind-Harmonium, welches am weitesten verbreitet ist, sowie das Druckwind-Harmonium und das elektrische Harmonium. Jede Art hat ihre eigenen Vor- und Nachteile und ist für bestimmte Anwendungen besser geeignet als andere.

Das Harmonium wurde zu einem wichtigen Instrument in der Musik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, insbesondere in der Kirchenmusik und der salonartigen Unterhaltungsmusik. Viele bekannte Komponisten wie César Franck, Charles Gounod und Franz Liszt schrieben Musikstücke für das Instrument, und auch heute noch wird es in vielen Musikgenres eingesetzt.

Insgesamt hat das Harmonium eine interessante und faszinierende Entstehungsgeschichte, die eng mit der Entwicklung von Luftdruck-Instrumenten verbunden ist. Trotz der Weiterentwicklung und der Verbreitung anderer Instrumente bleibt das Harmonium ein wichtiger Teil der Musikwelt und eine Quelle der Inspiration für Musiker und Musikliebhaber auf der ganzen Welt.

Die Technik

Das Harmonium lässt sich grob in zwei Systeme unterscheiden: das französische System (Druckwindharmonium) und das amerikanische System (Saugwindharmonium).

Bei beiden Arten wird das Gebläse mit den Füßen durch abwechselndes Niedertreten zweier nebeneinander liegender sogenannter Tretschemel (Schöpfpedale) betätigt.

Beim französischen System betätigen die Schemel Blasebälge, die Schöpfbälge, die direkt oder über den Kanal einen Druckspeicher, das Windmagazin, aufpumpen. Das Windmagazin (Magazinbalg) steht mit der Windlade, einem luftdichten Holzkasten, in Verbindung, deren oberer Deckel das Zungenbrett bildet, an dessen Löchern die auf Metallplatten befestigten Zungen liegen. Die Spielventile oder Tonventile verschließen die Löcher im Zungenbrett und stehen mit den Tasten des Manuals in mechanischer Verbindung, mit denen sie geöffnet werden können. Durch den in der Windlade entstandenen Überdruck strömt die Luft nach außen, muss dabei an den Zungen vorbei und versetzt diese in Schwingung, was den Ton erzeugt. Der Magazinbalg kann durch ein Register (Expression) abgeschaltet werden, so dass der Spieler über die Schöpfbälge die Lautstärke des Tones (crescendo/decrescendo) direkt beeinflussen kann.

Das amerikanische System funktioniert entgegengesetzt: Mit Hilfe der Schöpfbälge wird Luft aus dem Windmagazin und der Windlade herausgepumpt, also ein Unterdruck erzeugt. Öffnet man jetzt ein Tonventil, strömt Luft ein und versetzt die Zungen in Schwingung.

Sowohl beim französischen als auch beim amerikanischen System sind die Zungen freischwingend in einem Metallrahmen befestigt. Während beim französischen System eine ganze Reihe von Zungen auf einer Platte befestigt sein können, liegen beim amerikanischen System die Zungen in einzelnen Kanzellen. Diese Bauweise erleichtert die Reinigung der Zungen, die beim Saugluftsystem eher verstauben. Das amerikanische System hat sich in der Fläche durchgesetzt und bei der Mehrzahl der Harmonien handelt es sich um Saugwindsysteme.

Eine besondere Rolle spielt das Kunstharmonium.  Das Kunstharmonium erfüllt gehobene künstlerische Ansprüche und bietet oft eine größere Auswahl an Klängen an.

Die Register

Die Register eines Harmoniums sind Schieberegler oder Knöpfe, die auf der Oberseite des Instruments angeordnet sind und die verschiedenen Klangfarben des Harmoniums steuern. Jedes Register aktiviert eine bestimmte Gruppe von Stimmzungen, die dem Instrument eine bestimmte Klangfarbe verleihen.

Es gibt in der Regel mehrere Register an einem Harmonium, die je nach Modell und Hersteller unterschiedlich angeordnet sein können. Jedes Register aktiviert eine unterschiedliche Anzahl von Stimmzungen und erzeugt dadurch eine andere Klangfarbe. Einige der gebräuchlichsten Registertypen sind:

  • Bassregister: Dieses Register aktiviert die tieferen Stimmzungen des Harmoniums und erzeugt dadurch einen basslastigen Klang.
  • Mittelregister: Das Mittelregister aktiviert Stimmzungen in der mittleren Reichweite des Harmoniums und erzeugt dadurch einen volleren, runden Klang.
  • Diskantregister: Das Diskantregister aktiviert die höheren Stimmzungen des Harmoniums und erzeugt einen helleren, klareren Klang.
  • Tremolo-Register: Das Tremolo-Register aktiviert zwei oder mehrere Stimmzungen, die leicht verstimmt sind, um einen schwebenden, flimmernden Effekt zu erzeugen.
  • Octave-Register: Das Octave-Register aktiviert Stimmzungen, die eine oder zwei Oktaven höher sind als die normalen Stimmzungen, um einen brillanten, schmetternden Klang zu erzeugen.

Durch das Auswählen und Kombinieren der verschiedenen Register können Musiker verschiedene Klangfarben und -texturen erzeugen und die musikalischen Interpretationen anpassen. Die Verwendung der Register ist eine wichtige Technik beim Spielen des Harmoniums und kann den Klang des Instruments erheblich verändern.

Die Manualteilung

Die Manualteilung, auch als Manualkoppel bezeichnet, ist eine Funktion, die es dem Spieler ermöglicht, die Tastatur des Harmoniums in zwei Teile aufzuteilen und verschiedene Stimmungen auf jedem Teil zu spielen. Dadurch kann der Spieler die linke Hand unabhängig von der rechten Hand spielen und so eine breitere Palette an Klangmöglichkeiten und musikalischen Ausdrucksformen erreichen.

In der Regel ist die Tastatur des Harmoniums in zwei Abschnitte aufgeteilt, die als “Obermanual” und “Untermanual” bezeichnet werden. Jeder Abschnitt hat eine eigene Gruppe von Stimmzungen, die durch das Betätigen der Tasten aktiviert werden.

Die Manualteilung wird normalerweise durch eine Registerkupplung oder eine spezielle Taste aktiviert. Wenn die Manualkoppel aktiviert ist, spielt die linke Hand die Stimmzungen des Untermanuals und die rechte Hand spielt die Stimmzungen des Obermanuals. Auf diese Weise kann der Spieler beispielsweise eine Basslinie mit der linken Hand spielen, während er mit der rechten Hand eine Melodie auf dem Obermanual spielt.

Die Manualteilung kann auch mit anderen Registern kombiniert werden, um eine noch größere Vielfalt an Klängen und Texturen zu erzeugen. Zum Beispiel kann das Bassregister auf dem Untermanual aktiviert werden, während das Tremolo-Register auf dem Obermanual aktiviert ist.

Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Harmoniumsmodelle eine Manualteilungsfunktion haben. Die Verfügbarkeit dieser Funktion hängt von der Art und dem Modell des Instruments ab. Wenn die Manualteilungsfunktion verfügbar ist, kann sie eine sehr nützliche Technik sein, um die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten des Harmoniums zu erweitern.

Das indische Harmonium

Das indische Harmonium, auch als Baja oder Peti bekannt, hat eine relativ kurze, aber interessante Geschichte. Es wurde im späten 19. Jahrhundert von europäischen Orgelbauern nach Indien gebracht und fand schnell Verbreitung in der indischen Musikszene. Die ersten Harmonien wurden in den 1860er Jahren von Firma Alexandre im französischen Thiais gebaut.

Ursprünglich wurde das Harmonium in indischer Musik hauptsächlich als Begleitinstrument eingesetzt, um Gesang und andere Melodieinstrumente zu begleiten. Mit der Zeit wurde es jedoch zu einem wichtigen Soloinstrument und gewann an Beliebtheit in der klassischen, semi-klassischen und volkstümlichen Musik.

Das Harmonium hat auch eine wichtige Rolle in der religiösen Musik Indiens, insbesondere im Bhajan und Kirtan, wo es häufig als Begleitinstrument für religiöse Gesänge eingesetzt wird.

Heute ist das indische Harmonium weit verbreitet und gehört zu den wichtigsten Instrumenten in der indischen Musik. Es hat sich zu einem wichtigen Bestandteil der indischen Musiktradition entwickelt und ist ein Beispiel für die kulturelle Hybridität, die entsteht, wenn Ideen und Technologien zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen ausgetauscht werden.

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